Den richtigen Ton treffen – mit welcher Stimme möchtest du sprechen?

Den richtigen Ton treffen – mit welcher Stimme möchtest du sprechen?

Kennst du diese Mahnungsschreiben, in denen der erste Satz lautet: „Vermutlich ist es in der Hektik des Alltags untergegangen… (aber wir hätten dann doch ganz gern unser Geld)“ oder so ähnlich?

Solche Formulierungen finde ich klasse. Denn sie implizieren, dass die Verfasser (mit Recht) das Beste von mir annehmen. Und natürlich überweise ich dann extra schnell den ausstehenden Betrag – weil ich so nett erinnert wurde.

Die Grundhaltung hinter diesem Tonfall ist eine vertrauensvolle, menschenfreundliche Haltung.

Wie berechtigt und wie wichtig eine solche Einstellung für unser Miteinander ist, verstehe ich in den letzten Wochen immer mehr während der Lektüre des Buches „Im Grunde gut – eine neue Geschichte der Menschheit“ von Rutger Bregmann.

Dort lese ich: Unsere Gesellschaft wurde durch viele Annahmen dahingehend geprägt, dass der Mensch ein von niederen Instinkten gesteuertes, raff- und machtgieriges Wesen ist, dass nur durch strenge Regeln und Gesetze zivilisierten Umgang mit anderen pflegen kann. Und ich lese, dass Studien, die diese Annahmen stützen, zu weiten Teilen gar nicht stimmen. Sondern dass im Gegenteil Gemeinschaften, in denen ein gegenseitiges Grundvertrauen herrscht, erfolgreicher, gesunder und produktiver sind als von Kontrolle beherrschte soziale Systeme. Ich verstehe viele Missverständnisse und freue mich total. Denn Bregmann weist nach: Vertrauen in den guten Kern unserer Mitmenschen ist in den allermeisten Fällen nicht nur berechtigt. Mehr noch: Vertrauen bringt das Beste in uns Menschen hervor. Und das bedeutet viel für unsere tägliche Kommunikation und für unsere Stimmen.  

 

„Das beste Mittel gegen Vorurteile ist Kontakt.“ Gordon Allport

Nehmen wir mal an, du wärst in der Lage, immer, durch alle Konflikte hindurch, den guten Kern in dir selbst und in deinen Mitmenschen zu sehen. Wie würdest du sprechen? Wäre deine Stimme manchmal ruhiger, gelassener, sicherer oder klarer?

Das Buch „Im Grunde Gut“ hat mich verstärkt dazu angeregt, meine Gedanken in der Kommunikation in diese Richtung zu überprüfen. Gerade dann, wenn ich ungeduldig oder gereizt auf Verhalten oder Äußerungen anderer reagiere, frage ich mich: Wofür versucht die andere Person gerade zu sorgen? Kann ich diese Absicht positiv bewerten, oder zumindest erklären?

Oft ist es ja schwierig, das Positive hinter Äußerungen zu sehen und den Anderen wirklich zu verstehen. Zumal uns ja in der Welt durchaus Manipulation, Druck und Abwertungen begegnen. Aber gerade dann ist die Frage spannend: Mit welcher Stimme möchtest du sprechen?

Fühlst du dich dem Verhalten der anderen ausgeliefert, werden Gefühle wie Wut, Ohnmacht und Verletztheit, vielleicht Kälte, Härte und Sarkasmus deine Stimme prägen. Gedanken wie „Das bringt ja eh nichts“ werden dich davon abhalten, das Gespräch mit dem Anderen zu suchen und dich zum Verstummen bringen. Siehst du auf andere hinab, schwingen Hohn und Zynismus in deiner Stimme mit und lassen den Graben zwischen euch tiefer werden.

Menschen, die die Gabe haben, in Konflikten zu vermitteln, beherrschen die Fähigkeit, neben den Schwächen jedes Menschen auch einen Kern zu sehen, den man als Menschenwürde bezeichnen kann. Sie glauben daran, dass niemals nur eine Kraft, nur Gut oder nur Böse im menschlichen Wesen existiert, sondern dass da immer eine konstruktive Kraft ist, die geweckt werden kann. Ihre Stimmen klingen ruhig, klar, vertrauenerweckend und lassen oft Humor durchblitzen. Sie Fragen mehr als dass sie wissen, sie wollen verstehen und suchen diesen einen Punkt, auf den sich eine Verbindung aufbauen lässt.

Letzte Woche besuchte ich eine Speaker-Konferenz in Stuttgart. Auf der Bühne sprach unter anderem der Kriminalkommissar Roland Buß über die Kunst des erfolgreichen Verhörs. Er forschte zu der Frage: Was bringt Straftäter dazu, ein Geständnis abzulegen? Und bei welchen Verhörtechniken machen sie eher zu und geben nichts preis?

Sein erstaunliches Fazit: Wenn man den Straftätern ihre Würde lässt, wenn sie fühlen, dass sie trotz ihrer Tat als Mensch respektiert werden, dann bauen Sie langsam Vertrauen zu den Verhörenden auf. „Ich betrachte den Menschen getrennt von seinem Verhalten“, sagt Buß. Dann passiert es häufig, dass sich die Täter den Vernehmenden so weit öffnen, dass sie eine Art Lebensbeichte ablegen und ihre Tat gestehen. Diese Methode hat weit mehr Erfolg als Druck und Gewalt.

 

Der sicherste Weg, den richtigen Ton zu treffen, ist es, die unantastbare Menschenwürde in sich selbst und anderen zu sehen.

Ich wünsche mir mehr Verbindung und Frieden in der Welt. Deshalb soll meine Stimme so oft es geht nicht zu Trennung, sondern zu Verbindung beitragen. Im Mailkontakt mit Kund:innen, in Social-Media-Diskussionen, im Einkaufsgewimmel und im Straßenverkehr, in Gesprächen mit meiner Familie und mit meinem Team: Ich bemühe mich darum, von den besten Absichten meiner Kontaktpersonen auszugehen und selbst einen freundlichen Tonfall anzuschlagen.

Ich nutze dazu Sätze wie:
• „Vielleicht hab ich das falsch verstanden, deshalb muss ich mal nachhaken…“
• „Bestimmt hast du daran schon selber gedacht, ich wollte nur sichergehen…“
Ich gehe davon aus, dass der Mensch einen Grund hat, so zu handeln, wie er es tut. Und der ist, öfter als man vielleicht denkt, im Grunde gut.

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Stimmstarke Grüße schickt dir

Deine Anne

Anne Kühl Dipl.-Sprecherin, Dipl.-Sprecherzieherin
Helmholtzstraße 22 | 22765 Hamburg | Telefon 0049 - 171 - 4890424 | sprechen (at) annekuehl.de
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